LPs knistern trotz Plattenwäsche

Veröffentlicht am 14. Februar 2025 um 23:46

Wie kann das passieren? Eine frisch gereinigte Schallplatte sieht makellos aus, und doch knistert sie! Die Enttäuschung ist groß. Doch woran könnte das liegen? In diesem Blog-Beitrag gehen wir der Ursache auf den Grund und teilen hilfreiche Tipps mit dir.

Knistern einer Schallplatte - die Ursachen

Hat die LP schon viele Jahre auf dem Buckel und ist mit Kratzern übersät, wird der Vinyl-Liebhaber vermutlich nur geringe Erwartungen an das Ergebnis einer Plattenwäsche haben.
Anders ist es bei neuen oder optisch nahezu makellosen LPs: wenn diese nach einer Reinigung dennoch knistern und knacken, kann das verschiedene Ursachen haben. Im Folgenden möchte ich einige mögliche Gründe dafür erläutern. Am Ende des Berichts gibt es außerdem noch ein paar praktische Tipps.

1. Das "Vorleben" einer Schallplatte

Eine Second-Hand-LP zu kaufen, sei es auf dem Flohmarkt, einer Plattenbörse oder online, birgt viele Unbekannte. Wie oft wurde die Platte abgespielt? Hatte sie womöglich mehrere Vorbesitzer? In welchem Zustand war die verwendete Tonabnehmernadel? War die Auflagekraft richtig eingestellt und der Tonabnehmer korrekt justiert? Und welchen Schliff oder welche Form hatte die Nadel?
All diese Faktoren verdeutlichen, wie vielfältig die Einflüsse sind, die eine Vinyl-Schallplatte im Laufe ihrer Nutzung prägen können.

Mikroskop-Foto einer einseitig abgenutzten Nadel

Das Mikroskop-Foto einer einseitig abgenutzten Nadel.

Eine solche Nadel beschädigt bei der Abtastung die Schallplatte mit hörbaren Nebengeräuschen.

2. Reinigungs-Methode

Von der einfachen "Cheap-Thrill-Methode" über die manuelle Reinigung mit einer Knosti bis hin zur professionellen Plattenwaschmaschine gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Schallplatten zu reinigen. Doch es wird noch komplexer: Bei den Maschinen unterscheidet man zwischen Punktsaugern, Flächensaugern und Ultraschall-Technologie. Klingt verwirrend? Keine Sorge!
Es liegt uns fern, Vinyl-Liebhabern die Qualität ihrer bevorzugten Reinigungsmethode abzusprechen. Schließlich, wenn jemand seit Jahren mit seiner Methode zufrieden ist, dann ist das absolut in Ordnung.
Dennoch lässt sich kaum bestreiten, dass hochwertige Geräte – die natürlich auch etwas teurer sind – die besten Ergebnisse liefern. Unser Tipp: Investiere lieber in eine möglichst schonende und gleichzeitig effiziente Reinigungstechnik. Es lohnt sich auf lange Sicht garantiert!

Mikroskop-Fotos einer Schallplatte vor und nach der Reinigung

3. Der eigene Plattenspieler und seine Technik

Jetzt wird es heikel. Denn wer würde schon gern zugeben, dass mit dem eigenen Plattenspieler etwas nicht stimmen könnte? Doch gerade in der Analogtechnik gibt es eine Vielzahl von Faktoren, die den Klang maßgeblich beeinflussen – dazu zählen die Form der Plattennadel, der Nadelschliff, die Compliance (Nachgiebigkeit), die korrekte Auflagekraft und die exakte Geometrie des Tonabnehmers im Headshell. All diese Parameter wirken sich direkt auf die präzise Abtastung des Musiksignals aus.

Kurz gesagt: Die Plattennadel muss exakt nach den Vorgaben des Plattenspieler-Herstellers eingestellt werden, und die Auflagekraft muss optimal abgestimmt sein.


Dimensionen einer Schallplattenrille

Wie entscheidend diese Präzision ist, verdeutlichen die Maße einer Stereo-Schallplattenrille: An der oberen Kante ist sie lediglich etwa 40 Mikrometer breit, während der Steg zwischen den Rillen gerade einmal 10 Mikrometer misst. Zum Vergleich: Ein feines Frauenhaar hat einen Durchmesser von etwa 20 bis 40 Mikrometern.


Montage

Schon kleinste Abweichungen bei der Montage des Tonabnehmers können die Klangqualität erheblich beeinträchtigen. Ist der Tonabnehmer nur um wenige Grad verdreht, minimal zu weit vorne oder hinten im Headshell montiert oder zeigt der sogenannte Azimut-Abgleich Fehler (also eine Verdrehung von vorne) oder ist der Tonarm in der Höhe nicht korrekt eingestellt – all diese Faktoren führen zu einer fehlerhaften Abtastung.


Auflagekraft

Die richtige Auflagekraft ist ein wichtiges Kriterium, das nicht zu unterschätzen ist. Ich empfehle, bei der Einstellung der Auflagekraft eines Tonabnehmers stets den vom Hersteller angegebenen Höchstwert zu wählen, anstatt sich auf den empfohlenen Mittelwert zu beschränken. Der Mittelwert ist zwar akzeptabel, jedoch sorgt eine etwas höhere Auflagekraft für einen zuverlässigeren Kontakt der Nadel in der Rille während der Abtastung. Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass ein geringeres Gewicht die Nadel und die Schallplatte schont – tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.

Eine zu geringe Auflagekraft kann nicht nur die Rillen der Schallplatte beschädigen, sondern auch störendes Knistern verursachen. Wer zufällig die Klangtest-LP der Analogue Audio Association besitzt, findet dort genau diese Informationen und kann damit den Tonabnehmer direkt überprüfen.


Nadelform und Nadelschliff

Tonabnehmernadeln sind in verschiedenen Formen erhältlich – von sphärisch über elliptisch bis hin zu Varianten wie Fine-Line oder Line-Contact. Besonders Nadeln mit Fine-Line- oder Line-Contact-Schliffen haben eine große Kontaktfläche zur Rille und kommen in ihrer Form dem Schneidestichel, der bei der Herstellung der Lackfolie verwendet wird, sehr nahe. Dies ermöglicht eine äußerst präzise Wiedergabe mit minimalen Verzerrungen und einem erweiterten Frequenzbereich. Allerdings bergen diese Nadelschliffe auch ein höheres Risiko: Selbst kleinste Verschmutzungen auf der Schallplatte können vermehrt zu Störgeräuschen führen.

4. Statische Ladungen

Statische Aufladungen können das typische Knistern einer Schallplatte verursachen – ganz wörtlich. Unterschiedliche elektrische Ladungen innerhalb der Geräte oder externe Faktoren wie ein Kunstfaserteppich oder Laminatboden vor der Stereoanlage können ebenfalls ein Auslöser sein. Auch das ganz normale Abspielen einer Schallplatte (Reibung der Nadel in der Rille!) erzeugt bereits eine solche Ladung, die aber meist unkritisch ist.

Leider gibt es keine universelle Lösung, weshalb oft nur Ausprobieren hilft. Grundsätzlich gilt jedoch: Eine korrekte Erdung des Plattenspielers, eine sorgfältig gereinigte Schallplatte (idealerweise in einer gefütterten Innenhülle aufbewahrt) und gegebenenfalls der Austausch eines Teppichs können Abhilfe schaffen. Weitere Empfehlungen findest du im Folgenden.

Praktische Hilfen

Tipp 1:
Auch nach einer gründlichen Plattenwäsche können manchmal noch kleine Fremdkörper in den Rillen verbleiben. Beim Abspielen der Schallplatte kann die Nadel diese Rückstände herauslösen. Das führt dazu, dass sich einerseits Schmutz an der Nadel sammelt und andererseits beim nächsten Abspielen das Knistern bereits etwas reduziert ist.

Tipp 2:
Verwende eine hochwertige Tonarmwaage, um die Auflagekraft deines Plattenspielers präzise zu überprüfen. Ob die Waage zuverlässig ist, kannst du ganz einfach testen: Bitte deinen Apotheker höflich um ein geeichtes Prüfgewicht. Zeigt die Waage bei einem 2g-Gewicht exakt 2g an, ist sie ideal für deinen Einsatz geeignet.

Tipp 3:
Im Handel findest du verschiedene Schablonen, mit denen sich ein Tonabnehmer präzise einstellen lässt. Dafür ist zwar etwas Geduld gefragt – vor allem eine ruhige Hand – sowie als Hilfsmittel fein gespitzte Bleistiftminen. Persönlich verwende ich am häufigsten die Schön-Schablone Typ 2.

Tipp 4:
Bei intensiven Problemen mit statischer Aufladung kann ein Mitlaufbesen die Lösung sein. Im Handel stehen hierfür verschiedene Modelle zur Auswahl. Diese Besen sind in der Regel mit einem Erdungskabel ausgestattet, das einfach an die Geräteerdung angeschlossen wird. Die Bürsten, meist aus Kohlefaser oder teilweise auch aus Naturhaar, bewegen sich parallel zur Plattennadel, entfernen dabei zuverlässig Staubpartikel und leiten die statische Aufladung effektiv ab.

Tipp 5:
Als Alternative bei Schwierigkeiten mit der statischen Ladung kann auch die Verwendung von LAST 2 sein. Ich habe zu diesem Produkt auch einen Bericht geschrieben, der die technischen Hintergründe erklärt. Eines der wichtigen Ergebnisse bei der Anwendung von LAST 2 auf der Schallplatte ist die Reduzierung der statischen Aufladung.

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