Schallplatten in die Gefriertruhe stecken und schon hat man den Klanggewinn, für den man auf andere Wege viel Geld ausgegeben hat - hier quasi gratis. Liebe Leute, so ist es leider nicht! Um etwas zu erreichen, bedarf es einer Technik, die sicher nicht jeder zuhause hat. Deshalb erzähle ich euch hier über jemanden, der die Behandlung mit Kälte besonders gut kann. Und darüber, wie das ganze funktioniert.
Cryo-Tuning / Kryotechnik - das Kälteverfahren
Um Skeptikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, möchte ich gleich betonen, ich war genauso skeptisch wie ihr und hab deshalb Wert darauf gelegt, eigene Erfahrungen zu machen. Und deshalb habe
ich versucht, das Ganze von der technischen Seite genauso zu beleuchten, wie meine, nun über 30 Jahre Erfahrungen mit Hifi und allen dazu gehörenden Aspekte, einzubringen. Es soll also der Ansatz
zu einem fundierten Herangehen an das Thema Basis für diesen Bericht sein.
Unter Kryotechnik (oder englisch Cryogenic) versteht man eine Technik, bei der Materialien durch sehr tiefe Temperaturen (mindestens 150°C, besser Richtung 196°C) behandelt werden und dabei
physikalische Veränderungen erfahren. Da jeder Stoff eine ganz bestimmte Eigenresonanz besitzt, nimmt dieses Verfahren darauf genauso einen Einfluss wie auf die Eigenspannungen, die nicht immer
gewünscht sind. Dies kann im Grunde genommen bei alle möglichen Materialien angewandt werden, insbesondere bei Metallen und Kunststoffen wird das in der Industrie bereits längst angewandt.
Deshalb kommt auch das Gerät, welches Jörg Walther, von dem wir nachfolgend noch sprechen, aus eben jenen industriellen Bereich.
Bei der Schallplatte entstehen bei der Herstellung nicht nur hohe Temperaturen, sondern auch ein hoher Druck - beides lässt aus dem Vinyl-Granulat eine wunderbare LP entstehen. Die dabei
entstehende Strukturveränderungen des Ausgangsmaterials lässt ahnen, dass hier Prozesse vor sich gehen, die tatsächlich Einfluss auf die letztendlich erlebte Klangqualität nimmt. Genau hier setzt
das Cryo-Tuning an.
Der Mann, der aus der Kälte kam
Jörg Walther, Inhaber der Firma „George Forester - The Cryo Company“, hat sich mit dem Cryo-Tuning seit Jahren beschäftigt und dies auch beruflich umgesetzt. Sein Fokus steht freilich nicht bei
der LP (oder CD, bei der sich das Verfahren auch anwenden lässt!), sondern bei Musikinstrumenten. Er ist damit nicht alleine. Gibt man in die Suchmaschine „Cryo-Tuning“ ein, wird man so einige
Ergebnisse bekommen, bei denen sich die Anbieter mit Instrumenten beschäftigen. Allerdings habe zumindest ich keinen gefunden, der diese Behandlung eben auch Schallplatten durchführt.
Du fragst dich nun völlig berechtigt, was das Einfrieren einer LP bringen soll, was da physikalisch mit dem Vinyl geschieht. Wichtig ist zu wissen, das Cryo-Tuning ist kein Schockfrosten, bei dem
das Material sehr schnell auf tiefste Temperaturen gebracht wird, sondern ein Prozess, der rund 20 Stunden dauert. Seiner Aussage nach (ähnliches konnte ich auf verschiedenen Fachberichten zum
Thema Kryotechnik lesen) wird das Materialgefüge dauerhaft verändert, was übrigens beim Einfrieren im heimischen Froster mit -18°C nicht stattfindet. Es soll ein Alterungsprozess stattfinden, der
quasi die jungfräuliche Vinyl-Schallplatte um Jahre altern lässt. Eine wissenschaftliche Erklärung ist das sicher nicht, Forschungsgelder werden dafür zweifellos nicht investiert.
Den eigenen Erfahrungen von Jörg Walther zufolge profitieren besonders ältere LPs vom Cryo-Tuning. Bei neueren Platten ist der Effekt eher davon abhängig, wie gut das Qualitätsniveau der Aufnahme
und Mastering war - sprich: wie gut die Einspielung auf Vinyl klingt. Da ich das Cryogenic aber mit einem bzw. mehreren echten AB-Vergleichen untersuchen wollte, kamen nur Neueinspielungen in
Frage. Das heißt, eine LP wird behandelt und eine bleibt normal, wird lediglich gewaschen.
Von zwei AB-Vergleichen möchte ich hier berichten, weitere sollen folgen.
Test 1: Sky - Sky 4 Forthcoming
Die LP der britischen Prog-Band Sky (das Original stammt aus dem Jahre 1982) widmet sich bekannten Klassikwerken, u.a. Wagner, Berlioz, Ravel und Bach. Das Reissue stammt von Let
Them Eat Vinyl (2015), welches wir also einmal zu „George Forester - The Cryo Company“ gesendet hatten und einmal lediglich gewaschen und sonst unbehandelt ließen. Ich darf gleich mal sagen, aus
klanglichen Aspekten war diese LP die falsche Wahl, sie ist viel zu flach und bietet zu wenig Potential, welches man durch eine jedwede Behandlung positiv herausstellen könnte. Und dennoch, es
gibt ein eindeutiges Ergebnis: sobald akustische Instrumente in den Vordergrund rücken, hat die Cryo-Variante klar die Nase vorn. Deutlich mehr Details lassen z.B. die Gitarre realistischer und
filigraner erscheinen, es bildet sich Raum um das Instrument. Aber wie gesagt, das Niveau der Platte (und damit meine ich ausnahmsweise nicht den musikalischen Inhalt) gibt leider zu wenig her,
um den Effekt deutlich werden zu lassen. Das ändert sich mit der nächsten Scheibe.
Test 2: LaBrassBanda - Around The World
Diese gute Stück, welches ich auch bei Vinyl-Fan.de rezensiert habe, lässt das Ganze schon in einem ganz anderen Licht erscheinen. Selbst meine Frau (die von sich behauptet, Unterschiede nicht zu
hören) hat in einem Blindtest die behandelte LP sofort erkannt. Sie beschrieb die Klangeigenschaften ähnlich wie ich: die Instrumente sind deutlicher zu erkennen, die Musik kommt kräftiger. Ich
würde es noch etwas präzisieren: der Bassanteil scheint um einige Dezibel angehoben zu sein, beinahe wirkt die ganze LP so, als hätte man die Lautstärke angehoben. Die Bläser, insbesondere die
Tuba, haben deutlich mehr Körper und sind fokussierter zu hören. Am allerstärksten habe ich es aber am letzten Stück der LP erlebt: das sehr leise eingespielte Schlaflied „Nacht" offenbart bei
der Cryo-LP so viele feine Details, die mir in der normalen Variante gar nicht aufgefallen sind - obwohl sie ja da sind.
Weitere Tests sollen folgen.
Fazit:
Was also soll ich euch nun sagen? Dass ihr alle ganz viele LPs zu „George Forester - The Cryo Company“ schicken sollt? Ich denke, auch wenn es Jörg freuen würde, da entstünde wohl schnell ein
dicker Auftragsstau. Nein, das will wohl keiner. Vielmehr möchte ich mit diesem Erfahrungsbericht aufzeigen, dass dieses Verfahren funktioniert, auch wenn man da keine Wunder erwarten darf. Eine
schlechte Aufnahme wird damit ganz sicher schlecht bleiben, aber eine so mittelschlechte (so wie in Test 1) kann da schon mal deutlich erkennbare Verbesserungen erleben. Und bei guten LPs dürfte
der emotionale Zugewinn schon erheblich sein. Ich werde das jedenfalls weiter verfolgen und gerne auch eure Erfahrungsberichte an dieser Stelle erwähnen.