Sinnvolles oder überteuertes Zubehör für Analog-Freaks: Flux-Sonic?
In diesem Bericht möchte ich die Variante einer Nadelreinigung vorstellen. Nämlich die mit einem elektrischen Nadelreiniger. Derzeit gibt es als Neuware nur den Flux-Sonic zu kaufen, ich selbst habe aber von früher noch den Audio Technica AT-637, der allerdings nur noch auf dem Gebrauchtmarkt zu bekommen ist. Den Fokus richte ich demnach auf das neue Gerät.
Bevor ich diesen Bericht geschrieben habe, las ich erst einmal die zahlreichen Erfahrungsberichte zu dem Flux Sonic. Nicht wenige urteilten vernichtend in der Hinsicht, dass dieses Gerät völlig überteuert sei. Dem gegenüber stehen weit mehr Leute, die ob des Reinigungsergebnis sehr zufrieden sind. Betrachtet man die Ausgaben im Bereich gehobener Analogtechnik, scheint der Kosten/Nutzen-Faktor eines Flux nicht schlechter zu sein als der von Phonokabeln, Steckern usw.
Ob ein solches Gerät gegenüber weit günstigeren Lösungen Vorteile bietet, versuche ich hier etwas zu beleuchten.
Worum geht es und wie funktioniert der elektrische Nadelreiniger
Bei jedem Abspielen einer Schallplatte, selbst bei zuvor gereinigten LPs, bleibt an der Nadel Schmutz hängen. Den mit bloßem Auge sichtbaren Staub und Fussel kann man problemlos mit einer Nadelbürste entfernen. Anders aber sieht es aus, wenn man eine Tonabnehmernadel, die schon länger im Einsatz ist, unter einem Mikroskop anschaut (Siehe Foto 3).
Im Idealfall bekommt man entsprechende Ablagerungen mit einem guten flüssigen Nadelreiniger (ohne Alkohol!) und dessen Nadelbürste von der Tonabnehmernadel runter. Aber nicht immer. Und von mitunter schwierigem Handling (ruhige Hand!) ganz zu schweigen. Und hier kommen die Vorteile eines elektronischen Nadelreiniger ins Spiel.
Beide Geräte - sowohl AT-637 als auch Flux-Sonic - funktionieren nach dem gleichen Prinzip, das die meisten Leute von der elektrischen Zahnbürste her kennen: ein Reinigungs-Pad schwingt mit hoher Frequenz und löst dabei leichter die Schmutzpartikel als es eine Handreinigung könnte. Dies ist durchaus mit der Zahnreinigung per Hand und mit der elektrischen Bürste vergleichbar. Anders aber ist die Schwingfrequenz bei den Nadelreinigern niedriger.
Zunächst habe ich eine Testschallplatte 2 von DHFI verwendet, um mit Hilfe derer modulierten Frequenzen in etwa herauszufinden, in welchem Bereich die beiden Nadelreiniger arbeiten. Mit gesenkter Lautstärke abgehört, dürfte der Ton vom AT-637 gehörmäßig etwa bei etwas unter 1KHz liegen, der des Flux Sonic darunter. Tatsächlich erfuhr ich von Dr. Marius Gartner, dem Geschäftsführer von Flux Hifi, dass das Kissen (Pad, siehe Foto 4 und 5) mit einer Frequenz von 210Hz schwingt. Ebenso erwähnt er, dass das AT-637 nur Z-Richtung (also vertikale) mit einer Frequenz von 420 Hz und einer Amplitude von 50µm schwingt. Geprüft habe ich dies nicht, aber es klingt für mich plausibel.
Wichtig ist dabei, dass die dabei entstehende Auslenkung nicht zu groß wird, um das System der Nadelträger-Aufhängung des Tonabnehmers nicht zu beschädigen. Hierzu teilte Herr Dr. Gartner mit, dass sich das Kissen 8µm in die X- und Y-Richtung (Horizontale), von 3-5µm in die Z-Richtung (Vertikale) bewegt. Also eine Bewegung in 3-D. Meines Wissens funktioniert das AT-637 nur in X- und Y-Richtung, also 2-D. Wer hierzu andere Informationen hat, darf mich gerne benachrichtigen, dann korrigiere ich diesen Hinweis.
Damit dürfte auch die Befürchtung vieler Analogfreunde zerstreut sein, dass die Schwingungen dem Tonabnehmer schaden. Weder die Frequenz, die ja im normalen Abtastbereich liegt, noch die Auslenkung ist problematisch. Ein Hinweis dazu: die Breite einer Schallplattenrille liegt normal bei ca. 40µm und eine Nadelspitze hat je nach Verrundung ca. 1-5µm.
Was heißt das nun im Klartext?
Beim normalen Schallplatten-Abspielen schwingt eine Nadel stetig im Frequenzbereich 20 und 20.000 Hz, teils auch in noch größerem Band. Die Nadel durchläuft dabei die Rille mit der modulierten Frequenz der Musik, die Breite der Rille beträgt dabei ca. 40 µm. In beiden Belangen arbeiten die Nadelreiniger also innerhalb dieses Systems und somit unproblematisch für den Tonabnehmer.
Hinweise von Besitzern des Flux, dass sie bei dessen Benutzung ihr MC-System beschädigt haben (Ausfall eines oder beider Kanäle), spricht allerdings gegen die Ungefährlichkeit. Zunächst jedenfalls.
Dazu habe ich erfahren, dass sich in einem solcher Fälle bei der Überprüfung des Tonabnehmers beim TA-Hersteller ergeben hat, dass hier bereits ein Fabrikationsfehler vorlag und das Flux-Gerät hier allenfalls „den letzten Rest besorgte“. Da laut Vertrieb bereits eine sehr hohe Zahl an Flux-Sonic verkauft wurden, müssten meiner Ansicht bei tatsächlichen Problemen häufiger Meldungen von defekten Tonabnehmern nach der Behandlung auftauchen - dem scheint aber nicht so. Und aus oben genannten Gründen kann ich nicht erkennen, wie die oszillierte Frequenz des Flux die Spulen eines MC-Systems beschädigen sollte.
Reinigungsflüssigkeit für elektrische Nadelreiniger
Etwas anders sieht es mit der Reinigungsflüssigkeit aus, die Flux mitliefert - hier scheiden sich die Geister sehr deutlich. Und ich kann dies teilweise sehr gut verstehen, denn grundsätzlich halte ich jeden alkoholhaltigen Reiniger an einer Plattennadel fehl am Platz! Laut Angaben von Flux enthält dieses Mittel folgende Zutaten: 2-Propanol, 2-Phenoxyethanol, Isovaleraldehyde, destilliertes Wasser, Duftstoffe (riecht nach einem Mix aus Amaretto und Vanille) - also neben Konservierungsmittel auch Alkohol. Warum dieser hier schädlich ist?
Es gibt nicht selten Fälle, bei der sich die Verklebung einer Nadel bei Verwendung von Alkohol löst. Dann kann, wenn die Nadel eingepresst ist, an dieser Stelle durch die Kapillarwirkung der Alkohol innen im Nadelträger-Röhrchen hoch zu den Spulen wandern. Alternativ kam es auch zu Korrosion an diesem so sensiblen System.
Wenn also eine Reinigungsflüssigkeit verwendet wird, würde ich eher zu alkoholfreien Mitteln greifen (z.B. LAST 4) oder lediglich destilliertes Wasser mit etwas Netzmittel verwenden. Das Foto zeigt, dass ein Tropfen der Flux-Flüssigkeit auch nach Stunden nur teilweise verdunstet ist, was so viel bedeutet, dass diese auch an der Nadel haften. Dies ist laut Angaben so gewollt: „Das Öl schützt die gereinigte Nadel, damit der Vinyl-Abrieb nicht so stark anhaftet und die Nadel sich leichter reinigen lässt“. Da zugleich diese auch im Pad zusammen mit den gelösten Schmutzpartikeln zurückbleibt, verkleben wohl mit der Zeit die Härchen. Im Normalfall können diese einfach mit dem Fingernagel oder einem sauberen Spatel entfernt werden.
Verwendung und Anwendung der Nadelreiniger
Hinweise, dass das Gerätchen während des Betriebes auf dem Plattenteller „wandert“, kann ich nur bedingt bestätigen. Auf einer Matte sollte es dank der Gumminoppen auf dem Boden des Gerätes gar nicht passieren, zumindest war dies bei meinem Laufwerk nicht der Fall. Auf glatten Plattenteller kann dies allerdings schon passieren, mitunter genügt es dann, einen Gegenstand als „Stopper“ an das Gehäuse zu lehnen. Das AT-637 verhält sich diesbezüglich deutlich heftiger, da hier keinerlei stoppendes Material am Gehäuseboden befestigt ist.
Im übrigen ist die Höhe der Reinigungs-Pads bei Flux-Sonic und AT-637 unterschiedlich: beim Flux sind es etwa 11mm und das AT-637 bei ca. 8mm. Ein Tipp, falls das Pad nicht unter die niedrig gebaute Tonabnehmer/Tonarm-Konstellation passt und weder eine Matte entfernbar ist noch die Tonarm-Höhe geänderten werden möchte: den Tonarm anheben und vorsichtig per Hand auf das Pad setzen - funktioniert!
Vorteile eines elektrischen Nadelreiniger
Vorteil solcher Geräte: sie sind im Handling für ungeübte, unsichere Schallplatten-Nutzer sicherer als etwa eine Reinigung mit einer Nadelbürste oder Schmutzradierer. Und das Ergebnis ist unter dem Mikroskop sehr gut zu erkennen (Foto 9 und 10):
Ein weiterer Nutzen, den man nebenbei bekommt: das Einspielen neuer Tonabnehmer funktioniert sehr viel schneller. Während man einen nagelneu eingebauten TA erst mal je nach Modell zwischen 30 und 100 Stunden einspielt, geht das mit einem elektrischen Nadelreiniger in etwa 1-2 Minuten.
Dass eine auf diese Weise gereinigte Plattennadel dafür sorgt, dass die Schallplatte besser klingt, ist naturgemäß richtig, doch zaubern kann ein elektrischer Nadelreiniger nicht. Ist eine LP klanglich im Neuzustand hervorragend, dann sorgt das Gerät bei einer gereinigten Nadel und der ebenso sauberen LP nur einfach dafür, dass die Abtastung korrekt und ohne jede Störung durch Schmutz abläuft. Klingt eine Scheibe im Neuzustand nicht wirklich, hilft auch der Nadelreiniger nicht.
Im Alltag nutze ich selbst eine Nadelbürste von LAST, deren sehr kurze Borsten ähnlich dicht wie die der beiden hier vorgestellten Geräte aussehen. Da ich zugleich grundsätzlich nur gewaschene LPs abspiele, ist die Verschmutzung meiner Tonabnehmer-Nadeln eher geringer. Dennoch: Foto 9 und 10 zeigen meinen aktuellen TA, das Ergebnis hat mich selbst erstaunt. Ein weiterer Grund, weiterhin den elektrischen Nadelreiniger zu nutzen! Auch ja, der Flux-Sonic ist „Made In Germany“!