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Review: Anouar Brahem - Blue Maqams (Vinyl)

Anouar Brahem an seiner Oud - die Review zur ECM-LP "Blue Maqams"
Anouar Brahem verzaubert uns mit einer wunderbaren LP: "Blue Maqams" | Foto: Marco Borggreve

Anouar Brahem - Blue Maqams (2 LP, 180g Vinyl)

Es sind vier Namen auf diesem ECM-Album, die alle Musikgeschichte geschrieben haben: Anouar Brahem aus Tunesien an der Oud, der britische Pianist Django Bates, Dave Holland (ebenfalls England) am Kontrabass und der US-Schlagzeuger Jack DeJohnette. Ich kann euch versichern, man hört in dieser Einspielung in jeder Sekunde die Genialität dieser vier Musiker! Und dabei meine ich nicht sensationelle virtuose Ausbrüche, sondern genau das Gegenteil - Klänge, die in sich ruhen und wirken können.

Das Plattencover zu Anouar Brahem - Blue Maqams Vinyl ECM2580
Anouar Brahem - Blue Maqams (180g Vinyl)

Bei der Komposition von „Blue Maqams“ liess es Brahem zunächst offen, wie sich das Ganze entwickelt. Es zeichnete sich ab, dass er die Klänge der Oud und eines Klaviers zusammenbringen wollte. Erst allmählich war klar, dass auch die Rhythmusgruppe dazugehören sollte. Während ich mir diese Doppel-LP wieder und wieder angehört und genossen habe, fiel mir auf, dass die neun Stücke unglaublich harmonisch wirken. Ganz gleich, ob sich ein orientalischer Rhythmus noch vorne schiebt oder eine sehnsüchtige Melodie den Hörer verzaubert, es gibt keine scharfen Kanten oder komplizierte Improvisationen. Alle Vier scheinen sich in diesem Fluss der Klänge vertieft zu haben und lassen den Noten ihren freien Lauf.

Interessant ist dabei zu beobachten, wie geschickt Brahem die musikalisch unterschiedlichen Ausdrucksformen des Jazz und der arabischen Musik zu vereinen verstand. So wandeln er und seine Mitstreiter den „Maqam“ (Eine Tonart im modalen System der arabischen Musik) in die westliche Form des „Kind of Blue“ - wobei hier auch schon auf die traditionelle Historie von Holland und DeJohnette und ihrer Zusammenarbeit mit Miles Davis hingewiesen wird.

Beeindruckend ist, wie sehr man beim Hören das Gefühl hat, ein sorgfältig durchkomponiertes Werk zu hören, beim dem jede Note am rechten Fleck sitzt. Und andererseits bemerkt man zugleich, wie viel Freiraum sich diese Künstler bewahrt und durch minimale improvisatorische Akzente jedem Track eine emotionale, schöpferische Spannung verliehen haben. Man wird getragen von einer melodischen Ausdruckskraft, die ihresgleichen sucht. Sanfte Hymnen einer arabisch-westlicher Koproduktion, die betören und dem Hörer Momente der inneren Zufriedenheit schenken.

Ein Wort noch zur Pressung der beiden Schallplatten und natürlich der Aufnahme, die in den New Yorkerer Avatar Studios entstand. Die Fertigung von optimal media ist in diesem Fall makellos, was gerade bei den vielen ruhigen Liedern um so bedeutungsvoller ist. Auf diese Weise wird nicht nur der musikalische Fluss unterstützt, sondern kann sich das Klangvolumen dieser Produktion des Toningenieurs James A. Farber voll entfalten. Die Instrumente bestechen durch eine natürliche Abbildung und faszinieren dabei mit der korrekten Dynamik, die ihnen zu eigen ist. Der so livehaftige Charakter der Einspielung ist bei dieser Vinyl-Ausgabe frappierend und unterstreicht einmal mehr die hohe Qualität bei ECM Records.



Fakten

Erstveröffentlichung: 13. Oktober 2017
Label: ECM Records
Bestell-Nummer: ECM 2580
Pressung: optimal media
Inhalt: 2x 180g Vinyl, vierseitige Beilage mit Linernotes (französisch/englisch), Download-Code
Besonderheit:

 
Besetzung

Anouar Brahem - oud
Django Bates - diano
Dave Holland - double bass
Jack DeJohnette - drums

Aufnahmen Mai 2017 Avatar Studios in New York City/USA

 
Trackliste

Seite 1

1. Opening Day 7:01
2. La Nuit 10:28

Seite 2

3. Blue Maqams 8:41
4. Bahia 8:45
5. La Passante 4:05

Seite 3

6. Bom Dia Rio 9:23
7. Persepolis's Mirage 8:06

Seite 4

8.  The Recovered Road to Al-Sham 09:26
9. Unexpected Outcome 10:59


Konzerte

11. April 2018  Tonhalle, Zürich
12. April 2018  Musical Theater, Basel
14. April 2018  Philharmonie, München
15. April 2018  Elbphilharmonie, Hamburg